Hamburger Stadtpark-Revival 2017

Quizfrage

Als wir Kinder waren, was waren da die schönsten Tage im Jahr?
Ich wette, fast alle beantworten diese Frage mit: Weihnachten. Für viele von uns ist das wohl auch so geblieben. Bei mir allerdings ist das seit 2013 definitiv vorbei, in dem Jahr durfte ich das erste mal beim Hamburger Stadtpark Revival als Fahrer an den Start gehen. Weihnachten: Egal! Die schönsten, mit Spannung erwarteten Tage des Jahres finden seit 2013 am ersten September Wochenende in Hamburg beim Stadtpark-Rennen statt. So wie auch dieses Jahr, am 2. und 3. September 2017.

Doch erst mal für alle Leser, die noch nichts vom Hamburger Stadtparkrennen gehört haben, hier ein kurzer Ausflug in die Geschichte: in den 30iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zählte die Rennveranstaltung in der Elbmetropole zu den größten deutschen Motorsportevents, im Jahr 1934 fanden sich 80000 Besucher an der Rennstrecke ein um ihre Helden zu sehen; der Schumi-Hype ist keine Erfindung der Neuzeit. Ernst Loof, Schorsch Meier, Bernd Rosemeyer zählten zu den Startern, damals alles Top-Fahrer in ihren jeweiligen Klassen und absolute Publikumslieblinge. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Veranstaltung rasch wieder durchgeführt, beim durchstöbern der alten Literatur bin ich immer wieder erstaunt, wie schnell nach dem Krieg der Rennbetrieb wieder aufgenommen wurde. Überall lagen noch die Trümmerberge neben den Strecken aber die Fahrer und das Publikum gaben sich dem Rausch der Geschwindigkeit hin. Das Ende der Geschichte des ursprünglichen Stadtparkrennens kam 1952 nach einem schweren Rennunfall mit mehreren Toten.

1999 startete dann das Comeback: das Stadtpark-Revival wurde etabliert. Der Boom des historischen Motorsports sorgt jetzt jedes Jahr für volle Starterfelder. Bis 2016 wurden die Läufe auf einem jetzt 1,7 Kilometer langen Rundkurs durch den Stadtpark entlang der Saarlandstraße ausgetragen. Allerdings geht es jetzt nicht mehr um die schnellste Zeit, sondern es finden Gleichmäßigkeitsprüfungen oder Demoläufe statt. Ca. 300 historische Fahrzeuge gehen jedes Jahr an den Start, gefahren wird mit Straßen-Motorrädern, Rennmaschinen, Motorrad-Gespannen, Straßen-PKW, GT-Fahrzeugen, Monoposti, Formel V Rennern und Rennsportwagen. Die Baujahresgrenze liegt mittlerweile bei 1985 und so kommen verstärkt interessante Youngtimer zum Einsatz, allerdings ist über die Jahre ein Rückgang der Starterzahlen bei den Vorkriegsfahrzeugen festzustellen.

2017 wurden nun die Karten neu gemischt. Aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten mit den Anwohnern nahe der alten Rennstrecke im Stadtpark ist die Veranstaltung in die City Nord umgezogen. Die City Nord markiert den nördlichen Rand des Stadtparks und besteht hauptsächlich aus Büro- und Verwaltungsgebäuden. Wo keine Anwohner, da keine Lärmbelästigung. Und wir Teilnehmer: Wir fahren nun halt nicht mehr durch Baumreihen sondern durch die Häuserschluchten. Dem Sound der Motoren ist der Ortswechsel absolut zuträglich und die zahlreichen Besucher haben jetzt viel bessere Möglichkeiten, die Rennstrecke einzusehen.

Beginn der Veranstaltung ist für die Teilnehmer traditionell der Freitag Nachmittag, in einem nahe gelegenen Autohaus findet die technische Abnahme der Fahrzeuge durch DEKRA- und TÜV- Ingenieure statt. Danach begibt man sich zum Fahrerlager und richtet sich ein, ab ca. 18 Uhr ist der Aufbau der „Boxengasse“ abgeschlossen und wir können unsere Rennfahrzeuge in die uns zugewiesenen Zelte abstellen. In der Abenddämmerung lohnt dann schon mal der erste Spaziergang durchs Fahrerlager um zu schauen was die „Konkurrenz“ so an den Start bringt. Zahlreiche Formel V Rennwagen, diverse luftgekühlte Porsche (356, 914, 911 und ein toller 904 Nachbau), Ford Capri, Opel Kadett Coupe, Corvette C3, Lancia Beta Montecarlo und Lancia Fulvia, Renault R5 Turbo, VW Golf GTI, VW Karmann Ghia, und viele viele mehr machen reichlich Appetit auf den nächsten Morgen.

Am Samstag Morgen geht es dann endlich los, nach der Fahrerbesprechung um 7.30 Uhr startet dann so gegen 8.30 Uhr der Rennbetrieb.
Um 9.18 Uhr geht es für mich und meinen Steinmetz-Manta-A dann zum ersten Mal auf die neue Strecke, wir starten in der Klasse 02 „Young Classics“ und fahren in einem 12 minütigen so genannten Demolauf. Was allerdings nicht bedeutet, dass wir gemütlich um die Strecke fahren auch wenn das von außen vielleicht mal so aussieht, nein, da wird schon mit Vollgas gefahren. Erster, zweiter und ganz kurz mal der dritte Gang und natürlich Reifen und Bremse werden ganz schön ran genommen. Sowie man im Vorstart den Helm aufsetzt ist der Ehrgeiz geweckt...
Und außer der Strecke gab es für mich als Fahrer noch was Neues: meine Beifahrerplätze wurden für einen guten Zweck versteigert. Beim Stand von Pole-Position.Pictures, dem Sponsor unseres Renneinsatzes, wurden die Lose verkauft; Nutznießer dieser Wohltätigkeitsaktion war natürlich die Stiftung Kinderherz.
Am meisten Spaß hatte ich mit meinem Copiloten am Samstag Nachmittag so gegen 15 Uhr. Ein 17jähriger Fahrschüler hatte das Losglück und saß ganz aufgeregt und voller Vorfreude schon eine halbe Stunde vorm Start mit aufgesetzten Helm angeschnallt auf dem Recarositz. Mein scherzhafter Spruch zum anwesenden Vater: „Den versau ich Dir fürs Leben, der junge Mann will anschließend nur noch Vergaser-Fahrzeuge mit Heckantrieb fahren“ sorgte bei den Umstehenden für reichlich Gelächter. Was soll ich sagen, die 10 Minuten waren natürlich rasch vorbei, mein junger Beifahrer und ich sowie die Besatzungen der anderen 20 Starter hatten wieder viel Spaß und nach dem Lauf ordentlich was zu erzählen.
Nicht verschweigen möchte ich, dass wohl einige Starter doch so ihre Schwierigkeiten mit dem neuen Kurs hatten, gleich am Samstag wurden 5 Unfälle vermerkt, einer sogar mit einem anschließenden Krankenhausaufenthalt. Merke: Motorsport ist ein tolles Hobby, kann aber auch trotz aller Sicherheitsvorkehrungen sehr gefährlich sein.
Der zweite Renntag verlief in dieser Hinsicht deutlich glimpflicher. Und so konnten wir Teilnehmer, meine beiden mir zugelosten Beifahrer und die am zweiten Tag noch zahlreicher erschienenen Besucher den Sonntag unbeschwert genießen.

Zu den Highlights der zwei Renntage zählte natürlich wieder der Fuhrpark, den der Sponsor Audi mit nach Hamburg gebracht hatte: ein Audi R8 V10 DTM-Safety-Car gefahren von Jochi Kleint, ein Audi A4 aus der STW Serie von 1996-1999, der Audi V8 von Hans-Joachim Stuck aus der DTM Saison 1990 sowie ein Audi RS5 aus der DTM Saison 2016, gefahren von Mike Rockenfeller, der sichtbar viel Spaß mit seinem vorjährigen Einsatzfahrzeug hatte und beim Burnout eben mal 2 Hinterreifen auf dem Asphalt verbrannte.
Die DEKRA hatte als Eyecatcher einen Gumpert Apollo auf dem Stand. Der Hammer! Damaliger Neupreis gut 350.000 €, ca. 650 PS und 360 KM/H schnell. Optisch ein oranger Kampfjet mit 4 Rädern und einem Sound, den man am besten mit einem tiefen Donnergrollen beschreiben kann.
Bei den Teilnehmerfahrzeugen stachen unter anderem eine wunderschöne Alpine A110 im Renntrim sowie ein 73er BMW CSL Coupe hervor. Beim CSL handelt es sich um eine ca. 300 PS starke Replik des von Frank Stella designten Art Cars, mit dem BMW 1976 in Le Mans angetreten ist.
In der Klasse 02 ging noch eine weitere tolle Replik eines ehemaligen Rennwagens an den Start: Jörg Sand brachte seinen Mercedes 280 GE mit, das Original startete mit Jacky Ickx und Claude Brasseur bei der Rallye Paris Dakar 1983 und Jacky fuhr mit dem Gelände-Rennwagen ganz oben aufs Podium.
In der Sportwagen-Klasse 03 gab es für Motorsportfans dann so richtig was zu sehen und zu hören: einen Porsche 935 Kremer K3 Baujahr 1979, ein ehemaliges Porsche Einsatzfahrzeug aus der guten alten DRM und aus zahlreichen Langstreckenrennen. Heute wird dieser mittlerweile unbezahlbare Rennbolide von Daniel Schrey aus Rietberg immer noch bei zahlreichen historischen Rennveranstaltungen, unter anderem der Youngtimer-Trophy, eingestzt. Allein um diesen Kremer K3 mal live zu sehen hat sich für viele Rennsportfans der Weg nach Hamburg gelohnt!

Tja, auch das schönste und an Höhepunkten reichhaltige Wochenende geht mal zu Ende, Zeit für ein Fazit: die neue Location in der City Nord bietet ordentlich Platz für Fahrerlager und Rennstrecke, die Strecke ist schön schnell und spektakulär, der Steinmetz-Manta hat prima durchgehalten und sich auf der Strecke ganz wacker geschlagen, meine Beifahrer hatte allesamt viel Spaß und für die zahlreichen Besucher wurde bei schönstem Wetter eine tolle Show geboten.

Glücklicherweise läuft auf der Veranstalter Homepage demnächst schon wieder der Countdown für nächstes Jahr, wenn es dann (erstmals am 2. September Wochenende) in Hamburg beim Stadtpark-Revival wieder heißt: Gentleman, start your engines!

P.S. Zwischendurch ist auch noch Weihnachten...